Über den Roman - Autorenseite Michael Derbort

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Die Geburt eines Monsters

Fantasy-Geschichten neigen ja häufig dazu, ziemlich ausladend zu werden. Seitenzahlen im oberen dreistelligen oder gar im vierstelligen Bereich sind da keine Seltenheit. Demnach hatte ich mich gar nicht mehr begrenzt, was den Gesamtumfang anbetrifft. Geboren war die Idee bereits vor ungefähr 20 Jahren. Damals hatte ich noch gar nicht damit gerechnet, dass ich mal Autor werden würde, hatte mir aber immer wieder die Freihheit genommen, messerscharf darüber nachzudenken, wie sich ein sehr komplexes Weltensystem möglichst linear in einer Geschichte erzählen ließe. Entstanden waren seinerzeit schon die ersten Welten (wenn auch nur in meinem Kopf), die allerdings auch regelmäßig wieder in den mentalen Papierkorb gewandert waren, weil sie dann doch nicht in das Gesamtbild passten. Als ich mich dann endlich mal hingesetzt hatte, um das, was mehrere Jahrzehnte lang durch meine grauen Zellen gegeistert war, zu Papier zu bringen, waren sämtliche Fantasiewelten bereits längst wieder Makulatur und ich fing bei Null an - allerdings mit dem festen Vorsatz, diesmal Nägel mit Köpfen zu machen.
Dieser Vorsatz und meine faktisch nicht vorhandene Geduld wurden auf eine harte Probe gestellt. Ganze fünf Jahre sollte es dauern, ehe ich den letzten Punkt hinter den letzten Satz gesetzt hatte. Dann zogen weitere drei Jahre ins Land, bis ich die Geschichte nochmal korrekturgelesen und überarbeitet hatte. Dann endlich war es soweit.
Die Leute vom Verlag bekamen tränenfeuchte Augen, als ich denen (zumindest virtuell) einen 2.100-Seiten-Klotz auf den Schreibtisch geknallt hatte. Danach herrschte wieder einige Monate lang Ruhe - die Zeit hatten sie gebraucht, um sich (a) vom Schock zu erholen, (b) die Geschichte durchzukauen, wiederzukäuen und zu bewerten und (c) sich Gedanken drum zu machen, wie sich solch ein Riesending überhaupt unter die Leute bringen lässt. Dann kam die Idee: Es soll eine Serie werden, deren einzelne Folgen etwa so lange sind, dass ein eingesprochenes Hörbuch eine Laufzeit von zwei Stunden je Folge hat. Gesagt, getan.


Vom Roman zur Serie: Die Quadratur des Kreises

Die Aufteilung des Romans in mehrere Folgen war in der Folge dem Dekret der Laufzeit geschuldet und erst in zweiter Linie dem Inhalt. Ein Roman als Gesamtwerk hat andere Regeln als eine aus mehreren Episoden bestehende Serie. Dort ist es üblich, mit einem Cliffhanger zu enden, um die Spannung bis zur nächsten Folge aufrecht zu erhalten. Da bei der Entstehung von "Weltenstein" niemand eine so feingliedrig aufgedröselte Serie im Hinterkopf hatte, befinden sich die so dringend benötigten Cliffhanger nicht wirklich an den geeigneten Stellen. Das hat unter anderem auch Verrisse in Amazon zur Folge, wo dann plötzlich bei einer vom Rest getrennten Episode zu lesen steht, dass diese ja so verdammt langweilig war und dass es keine Höhepunkte gab. Logisch, denn das war erst einmal wieder eine kleine und feine Zwischenexposition, die nun einmal nötig ist, um den Rest schlüssig erzählen zu können. Was sonst auf 300 Seiten erzählt wird, ist bei "Weltenstein" auf den siebenfachen Umfang ausgewalzt, es kommen und gehen Figuren, die Welten ändern sich und müssen zunächst einmal erläutert werden, die Geschichte wechselt von Urban Fantasy zu Sword and Sorcerer, um anschließend wieder einen Roadmovie-Charakter anzunehmen, der schließlich nahtlos in ein Science-Fiction-Setting übergeht, ehe die Story zum Schluss über weitere Zwischenstationen in einer blutrünstigen Horrorstory mündet. Es war durchaus beabsichtigt, die Fantasie des Lesers auf die Probe zu stellen, aber das kann eben auch nicht so weit gehen, dass er in eine komplett andere Welt geschmissen wird - ohne jegliche Erklärung. Also gibt es auch immer wieder temporäre "Durststrecken". Das sollten alle selbsternannten Literaturkritiker auf Amazon & Co. einmal bedenken, ehe sie ohne erkennbaren Anlass plötzlich zusammenhanglos die Arbeit eines Menschen mal so nebenbei in die Tonne treten. Oh ja, Autoren sind Mimosen. Das ist ofenkundig Teil jenes Gendefekts, der ansonsten normale Menschen dazu bring, wochenlang irgendwelches Zeug in den PC einzutippen.


Tickt der Kerl noch ganz richtig?

Wohlan: Die Geschichte ist randvoll mit Gewaltexzessen, Sexszenen und allem, was ein artiger Bube weder über die Lippen, noch auf Papier bringt. "Weltenstein" ist kein Kinderbuch, also sehe ich auch keinen Grund, mich in meiner Wortwahl oder Darstellung zu begrenzen. Dabei beginnt die Geschichte sogar noch sehr gediegen, lässt zunächst einmal nicht erahnen, was da noch kommen mag, die erste handfeste Actionszene kommt erst nach weit über hundert Seiten. Hinzu kommt dass sich bei mir ein Stereotyp bei der Figurenzeichnung herausgebildet hat, der unisono eine gutaussehende Frau ergibt, die zudem ausnehmend intelligent ist, über eine profunde Kampfsportausbildung verfügt und diese auch effektiv anzuwenden weiß und darüber hinaus ein eher entspanntes Verhältnis zu ihrem Körper und zu ihrer Sexualität hat.
Viele vermuten daher schon, dass es bei mir irgendwo pressiert. Dazu kann ich nur sagen: Leute, bleibt mal auf dem Teppich! Wenn dem wirklich so wäre (Achtung: Konjunktiv), könnte ich das Problem mit einigen Minuten YouPorn nebst anschließender Handarbeit aus der Welt schaffen. Sich dafür hinzusetzen und hunderte von Seiten zu schreiben, ist irgendwie ... ineffektiv.
In einer Welt, in der das Wort "Emanzipation" wahlweise eine leere Worthülse ist und teilweise sogar in einem abfälligen Kontext genutzt wird, in der ein Frauenanteil von 20% in Führungspositionen als Riesenerfolg gefeiert wird, in der selbstbewusste Frauen gleich mal als "Emanzen" (aha, wieder dieses böse Wort) abgetan werden, in der Frauen bei gleicher Arbeit immer noch deutlich weniger verdienen, läuft einiges grundsätzlich schief.
Verschwörungstheoretiker werden ziemlich enttäuscht sein, wenn sie erfahren, dass das Wort "Emanzipation" tatsächlich nicht mehr und auch nicht weniger als "Gleichberechtigung" bedeutet und nicht etwa, wie bislang vermutet "Diktatur der Frauen". Hausmütterchen, die ihrem Gatten Bier und Pantoffeln ans Sofa tragen sind (hoffentlich!) inzwischen ein Relikt der Vergangenheit. Leider legt die Gesamtgesellschaft immer noch die geistige Flexibilität einer abgelaufenen Parkuhr an den Tag. Mädels, hier seid ihr gefragt: Haut mal wieder so richtig auf die Kacke. In den Siebzigern hatte sich ja schon einmal so einiges bewegt.
Deswegen feuere ich ganz gerne mal in das Gegenteil des klassischen Frauenbildes. So kann ich zumindest halbwegs sicher sein, nicht die alten Klischees zu bedienen - auch wenn solche Darstellungen häufig bei männlichen Rezipienten die Hormone in Wallung bringen. Aber wohlgemerkt nur in der Fantasie. Im realen Leben würde sich das genz schnell ändern. Irgendwie lustig.
Apropos lustig: Ohne Humor geht bei mir gar nichts. Wenn ich einen Film sehe oder ein Buch lese ohne auch nur ein Mal ein Grinsen im Gesicht gehabt zu haben, ist das (abgesehen von wirklich tiefgründigen Dramen) für mich nichts Halbes und nichts Ganzes. Dass sich in "Weltenstein" dramatische Szenen und komödienhafte Darstellungen häufig gegenseitig die Klinke in die Hand geben, ist durchaus beabsichtigt. Wer zum Lachen aufs Klo gehen muss, wird hiermit nur wenig Freude haben.

Fortsetzung folgt (bereits)

Weltenstein als Serie umfasst die ersten 35 Hörbuch- und eBook-Folgen. Was danach kommt, ist genau genommen "Weltenstein 2 - Die Rückkehr des Schwarzen Königs". Eine Fortsetzung war ursprünglich nie geplant gewesen, doch nach zwei Jahren Pause ist mir in den Sinn gekommen, dass ich die Story (dem Riesenumfang zum Trotz) noch nicht richtig durcherzählt habe.
Ich schicke da meine Protagonisten über 2.000 Seiten von Pontius zu Pilatus, um in den letzten fünfzig Seiten einen Abschluss zu finden. Das war für mich ein krasses Missverhältnis - umso mehr, als ich immer wieder selbst Fragen zu dem einen oder anderen Detail hatte.
Dan kam die nächste Herausforderung: Wenn ich eine Fortsetzung schreibe, muss ich komplett anders an die Sache rangehen. In "Weltenstein" wird der noch unerfahrene Hauptprotagonist Sascha während seiner Mission an seine Aufgabe herangeführt (also quasi Learning by Doing), dieses Pulver habe ich mit Abschluss dieses Romans komplett verschossen. Meine Leute müssten die Welten des ersten Bandes wieder bereisen. Auch ein Problem, da ja bereits dort aufgeräumt wurde. Die Idee, Problem A nun durch Problem B zu ersetzen, habe ich zwar bereits an einigen Stellen umgesetzt, aber der Roman wird nicht dadurch origineller, wenn ich mich lediglich darauf beschränke, freigewordene Platzhalter einfach neu zu befüllen. Eine harte Aufgabe, die die Arbeit an der Fortsetzung auch schon inzwischen vier Jahre dauern lässt. Entstanden sind inzwischen etwa 1.500 Seiten, in denen die Geschichte rund um den Weltenstein weitererzählt wird, ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Die Veröffentlichungen kommen, sobald ein Abschnitt fertiggestellt ist. Das ist ein gewisses Risiko, denn wenn ich mich in einem Handlungsstrang verrannt habe, kann ich nichts mehr in den vorherigen Abschnitten revidieren. Da hilft mir auch der relativ modulare Aufbau der Geschichte nichts mehr.
Bis jetzt (klopf, klopf, klopf) ist alles gutgegangen, die grobe Storyline steht mit Ausnahme des Showdowns bereits fest, für die bösen Zungen darf ich noch anmerken, dass der Bodycount inzwischen rekordverdächtig ist. Wer sich also bis zu Band 35 in die Geschichte vertieft hat (was mich sehr freuen würde) und sich dann fragt, was das ab Band 36 soll, dem kann ich also voller Stolz mitteilen, dass hier die Fortsetzung beginnt. Saschas Kampf ist noch lange nicht zu Ende.

 
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